5. Mai 2024

Wer die Natur schützen will, geht wählen!

Bei der Europa-Wahl steht viel auf dem Spiel

Die Europawahl am 9. Juni wird die Weichen für den Natur- und Klimaschutz der nächsten Jahre stellen, deren Folgen sich bis vor unsere Haustür auswirken.

 

Die Europäische Union (EU) ist für den Natur- und Klimaschutz der stärkste Hebel. Ein Großteil aller Umweltgesetze haben ihren Ursprung in Brüssel. Deutschlands Einfluss ist besonders groß: Mit 96 Sitzen stellt es unter allen EU-Staaten den größten Anteil an Abgeordneten im EU-Parlament. Wähler*innen in Deutschland haben damit einen starken Einfluss auf Abstimmungen zu wichtigen Gesetzen.

 

Weitere Infos hat der NABU-Bundesverband zusammengestellt

 

 

So schützt die EU die Natur in Baden-Württemberg

Der NABU-Landesverband informiert:

 

Auch für den Natur- und Umweltschutz in Baden-Württemberg sind die Regelungen, die im EU-Parlaments entschieden werden, das wichtigste Instrument, das wir im aktiven Naturschutz haben.

 

Das zeigen diese 5 Beispiele im NABU-Check

 



EU-Abgeordneter zu Besuch im Neckartal

NABU Neckar-Alb lädt Michael Bloss zum Biotopspaziergang

"Gemeinsam für Europa" v.l.n.r.: Karin Kilchling-Hink (NABU Rottenburg), MdEP Michael Bloss, Dr. Andreas Wöhrmann (NABU Tübingen), Tamara Ayoub (NABU Bezirksgeschäftsstelle Neckar-Alb) und Ralph Härle (NABU Rottenburg)
"Gemeinsam für Europa" v.l.n.r.: Karin Kilchling-Hink (NABU Rottenburg), MdEP Michael Bloss, Dr. Andreas Wöhrmann (NABU Tübingen), Tamara Ayoub (NABU Bezirksgeschäftsstelle Neckar-Alb) und Ralph Härle (NABU Rottenburg)

Europawahl 2024 - Eine Schicksalswahl für den Naturschutz?

Rottenburg a.N. – Warum ist Europa für die Natur bei uns so wichtig? Wie hat die EU bislang dazu beigetragen, wertvolle Naturräume in Baden-Württemberg zu sichern und zu verbessern? Mit dieser und weiteren Fragen gingen Aktive vom NABU (Naturschutzbund Deutschland e.V.) am vergangenen Samstag, 4. Mai, mit Michael Bloss, Mitglied im Europäischen Parlament, bei einem Biotoprundgang ins Gespräch.

 

Die NABU-Regionalstelle Neckar-Alb lud den Abgeordneten ins Neckartal ein. Die Ehrenamtlichen der NABU-Gruppen aus Rottenburg und Tübingen hatten sich anlässlich der bevorstehenden Europawahl am 9. Juni den Austausch mit dem MdEP gewünscht. „Es freut mich, dass es geklappt hat und wir Herrn Bloss unsere sehenswerten Biotope vor Ort zeigen können. Das sind Früchte unseres Schaffens“, sagt Tamara Ayoub, Leiterin der NABU-Geschäftsstelle Neckar-Alb.

 

Die Kommunalwahl sei vielen Bürgerinnen und Bürgern präsent, die „EU-Wahl bedauerlicherweise noch nicht so sehr“, sagt sie. Dabei liege die Wichtigkeit für den Zustand unserer Natur auf der Hand: „Knapp 80 Prozent der Umweltschutzgesetze, die in Deutschland Anwendung finden, basieren auf EU-Gesetzgebung“, bestätigt MdEP Michael Bloss.

 

Der Politiker aus Stuttgart, der seit 2019 für die Grünen im EU-Parlament sitzt, hat sich schwerpunktmäßig dem Klimaschutz verschrieben. Hier setzt Andreas Wöhrmann vom NABU Tübingen an und bemängelt: „Klimaschutzmaßnahmen werden berechtigterweise vorangetrieben, aber leider häufig auf Kosten des Artenschutzes.“ Das könne er überhaupt nicht unterschreiben, er habe den Eindruck, dass „sowohl Klimaschutz als auch Natur- bzw. Artenschutz mehr Unterstützung benötigen“, entgegnet Bloss. „Klima-und Naturschutz müssen Arm in Arm gehen.“

 

Lebensräume erhalten, fördern und vernetzen

Karin Kilchling-Hink (Mitte) erläutert dem EU-Parlamentarier Michael Bloss (links) die Entwicklung der Feldvögel. Foto: NABU Neckar-Alb
Karin Kilchling-Hink (Mitte) erläutert dem EU-Parlamentarier Michael Bloss (links) die Entwicklung der Feldvögel. Foto: NABU Neckar-Alb

Was die Ehrenamtlichen tun, um die Lebensräume im Neckartal zu erhalten, das zeigten sie anhand ihres Biotops am Riedgraben zwischen Wurmlingen und Rottenburg. Hier werden seit Jahren Pflegemaßnahmen zur Förderung von Feldvogelarten unternommen. Feldlerche, Kiebitz, Grauammer, Rebhuhn, Schwarzkehlchen. Laut Ralph Härle vom NABU Rottenburg könne man sie alle hier entdecken. „Ob sie auch weiterhin bleiben, hängt davon ab, ob ihre Lebensräume vorhanden und vernetzt sind“, sagt der ehrenamtliche Naturschützer.

 

"Renaturierung ist unsere Lebensversicherung"

Biotopverbund und Renaturierung spielen dabei eine zentrale Rolle. „Renaturierung ist unsere Lebensversicherung“, betont Tamara Ayoub, „Intakte Landschaften und Böden können große Mengen Wasser speichern.“ Andreas Wöhrmann ergänzt: „Nicht nur Wasser, auch CO2!“ Das Stichwort „Natürlicher Klimaschutz“ fällt. Also Klimaschutz durch Stärkung der Ökosystemleistungen. So können auf natürliche Weise Schwankungen der Witterung abgefedert werden.

 

„Die Dringlichkeit erkennen wir leider im Zusammenhang mit Starkwetter-Ereignissen“, sagt Ayoub.

Ein paar Tage zuvor hatten in der Region heftige Niederschläge und Hagel für Chaos gesorgt, die Gemeinde Bisingen (Zollernalbkreis) traf es dabei besonders schwer. „Wir müssen unsere Natur wieder resilienter machen, sie ertüchtigen“, stimmt Michael Bloss engagiert zu. Über den Zuspruch freuen sich die NABU-Aktiven und fordern gleichwohl, dass der EU-Politiker diese Stimmung mit Nachdruck in seinen Wirkkreisen verteidigt und vorantreibt.

 


Download
Pressemitteilung vom 06.05.2024
2024-05-06_PM NABU-Neckartal mit MdEP Bl
Adobe Acrobat Dokument 227.7 KB
Download
Presseartikel vom 13.05.2024
Schwäbisches Tagblatt_Presse vom 13.05.2
Adobe Acrobat Dokument 379.3 KB


"Jeder Mensch spürt die wohltuende Wirkung der Natur"

Zurück zum Feldvogelschutz vor Ort:

Sichtlich besorgt spricht Karin Kilchling-Hink über die erneute „Aussetzung der GLÖZ – 4% Brachen“. Damit bezieht sie sich auf eine Regelung, die nun mit Beschluss im April EU- und Bundespolitisch ausgesetzt wurde. Die Regelung fördert den ökologischen Zustand auf landwirtschaftlichen Flächen, indem mindestens vier Prozent als Ackerbrachen nicht bewirtschaftet werden. Die Entscheidung gegen die Brache wirke sich zusätzlich negativ auf die Lage von Rebhuhn und anderen Feldvogelarten aus.

 

„Es ist gar nicht so leicht. Das sind große Kämpfe im Parlament, wenn Konservative behaupten, unsere Klimabemühungen seien Gift für die Wirtschaft“, sagt Bloss. Nun seien alle gefragt: Politik und Zivilgesellschaft. „Man fragt sich schon, wie es sein kann, dass jeder Mensch die wohltuende Wirkung der Natur spürt und doch so wenig tut, um sie zu bewahren“, wundert sich der Stuttgarter. Die Aktionen der “Letzten Generation“ beispielsweise aber sieht er kritisch: „Das hilft dem Ruf des Klimaschutzes nicht.“

 

Klima- und Artenschutz sind eng verknüpft. „Unser Wohlbefinden, die Art und Weise, wie wir leben: All das hängt viel mehr mit einer intakten Umwelt zusammen, als vielen Menschen bewusst ist. Die Natur braucht uns und wir sie“, sagt Tamara Ayoub. Hier am Riedbrunnen müssten dafür Offenlandschaften erhalten bleiben. Weite, offene, aber vielfältige Landschaften. Dafür müssten Gehölze niedrig gehalten werden. „Damit Fressfeinde möglichst wenig Deckung haben. Sonst haben die bodenbrütenden Feldvögel keine Chance“, sagt Karin-Kilchling Hink. An anderen Stellen brauche es Heckenstrukturen und Bäume. Es komme immer darauf an, welche Lebensräume man erhalten oder entwickeln möchte.

 

Es geht nicht nur um den Kiebitz, andere Arten profitieren mit

Ralph Härle (1.v.l.) zeigt dem EU-Abgeordneten Michael Bloss (1.v.r.) die Früchte der Naturschutzarbeit vor Ort: Feldvögel mit erfolgreicher Brut. Foto: NABU Neckar-Alb
Ralph Härle (1.v.l.) zeigt dem EU-Abgeordneten Michael Bloss (1.v.r.) die Früchte der Naturschutzarbeit vor Ort: Feldvögel mit erfolgreicher Brut. Foto: NABU Neckar-Alb

Dass sich der Einsatz der Ehrenamtlichen auszahlt, zeigt sich beim Besuch des Abgeordneten: Begeistert beobachtet er mit dem Fernglas ein halbes Dutzend Kiebitze – übrigens „Vogel des Jahres“ – wie sie am vernässten Ackerbiotop charakteristische Flugmanöver vollziehen, rufen und sich um die Brut kümmern. Dazu gesellen sich weitere Tier- und Pflanzenarten, die sich den Lebensraum mit dem Vogel teilen.

 

Der Kiebitz ist sozusagen eine Schirmart“, erklärt Andreas Wöhrmann. „Wenn wir Anstrengungen unternehmen, diese zu unterstützen, dann unterstützen wir damit eigentlich eine ganze Palette an Arten, die vom Erhalt des Lebensraumes profitieren“, erklärt er. „Und die Kiebitz-Küken behalten Sie jetzt im Herzen und erinnern sich daran, wenn Sie in Brüssel sitzen“, sagt Ralph Härle dem EU-Abgeordneten mit einem Augenzwinkern zum Abschied.


Weitere Eindrücke vom Besuch des EU-Abgeordneten am Riedbrunnen-Biotop:

Fotos: NABU Neckar-Alb


Info-Box:

Umweltverordnungen, die im EU-Recht ihren Ursprung haben (Auswahl):

 Vogelschutzrichtlinie (1979), Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie („FFH“, 1992), Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL, 2000), Umweltinformationsgesetz („UIG“, 2005)

 

 

Natura 2000 – Das Herzstück der EU-Naturschutzpolitik

·         Die EU-Vogelschutzrichtlinie von 1979 und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) von 1992 bilden gemeinsam die Grundlage für das Schutzgebietsnetz Natura 2000. Dieses umfasst in Deutschland 15 Prozent der Landesfläche.

 

·         In diesen Schutzgebieten hat die Natur Vorrang, sie sichern das Überleben vieler gefährdeter Arten.

 

·         Die EU hat mit Natura 2000 das größte Schutzgebietssystem der Erde geschaffen und damit wichtige Lebensräume erhalten, etwa am Bodensee und am Federsee, im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb.

 

„GLÖZ“: Im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union sind seit 2023 als Voraussetzung für den Erhalt von EU-Zahlungen gewisse Standards definiert. Diese dienen dem Erhalt von Ackerflächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ).  

 

Gemäß GLÖZ-8 müsste ein Mindestanteil von 4% nichtproduktiver Flächen - durch die Anlage von Ackerbrachen und/oder durch Landschaftselemente - erbracht werden.